2015 Matthäuspassion – J. S. Bach
Klosterkirche Erlenbad, Sasbach
Sonntag, 22.03.2015 17.00 Uhr
Johann Sebastian Bach (1685-1750)
Matthäus-Passion
Evangelist: Wolfgang Klose
Jesusworte: Richard Logiewa
Sopran: Almuth Hellwig, Alexandra Gühring
Alt: Silvia Hauer, Martina Seifert
Tenor: Akeo Hasegawa
Bass: Clemens Morgentaler
Musicians sans frontières Alsace-Ortenau
Singakademie Ortenau e.V.
Petits chanteurs de Strasbourg
Maîtrise de l’Opéra national du Rhin
Choeur St-Guillaume Strasbourg
Leitung: Olaf Fütterer
Rasante Tempi und mitreißende Dynamik
Geschildert wird die Gefangennahme, Verurteilung, Kreuzigung und Grablegung Christi. Der Text basiert auf den Kapiteln 26 und 27 des Matthäus-Evangeliums.
Bach vereint in seiner Matthäus-Passion die Mittel aus Kantate, Oratorium und Oper.
Für die Aufführung verwendet er zwei Chöre, zwei Orchester und sieben Solostimmen. So entfaltet die Matthäus-Passion eine außergewöhnliche Klangpracht. Chor und Orchester scheinen an den entsprechenden Stellen tatsächlich in Tränen zu schwimmen oder von Blitz und Donner erfasst zu sein. Besonders die Eingangs- und Schlusschöre sind von einzigartiger Monumentalität und dramatischer Wucht. Dazwischen wird die Handlung auf verschiedenen erzählerischen Ebenen durch epische Rezitative und lyrische Arien geschildert. Bach verbindet in der Matthäus-Passion die Darstellung des bekannten historischen Geschehens mit einem sehr persönlichen Glaubensbekenntnis. Das Werk legt daher ganz allgemein Zeugnis ab von menschlicher Leidens- und Lebenserfahrung.
Zu Bachs Lebzeiten rief das Werk keine große Begeisterung beim Publikum hervor. Mit vier Stunden war die Aufführung schlicht zu lang, zu aufwändig besetzt und zu theatralisch. Erst durch die gekürzte und bearbeitete Fassung von Felix Mendelsohn-Bartholdy fand die Matthäus-Passion den Weg in die Öffentlichkeit – knapp hundert Jahre nach ihrer Entstehung. Die Matthäus-Passion gehört zu den außergewöhnlichsten Schöpfungen der abendländischen Musikgeschichte.
Ein großes, ein monumentales Meisterwerk der Musikgeschichte und eine würdige Aufführungsstätte: Johann Sebastian Bachs Matthäuspassion in der Klosterkirche des Klosters Erlenbad in Sasbach war am letzten Sonntag ein feierlicher Auftakt in die Ostersaison.
Johann Sebastian Bachs Matthäuspassion sprengt im Hinblick auf Länge, Besetzung und Dramatik jedweden musikalischen Rahmen und bedeutet zweifelsfrei eine Herausforderung für Dirigent, Musiker und Sänger. Olaf Fütterer, Dirigent und künstlerischer Leiter der Singakademie Ortenau und seit Jahren in Sachen deutsch-französischem Kulturaustausch unterwegs, hat mit seinem Gespür für Zusammenklänge eine beachtliche binationale Truppe zusammengestellt.
162 Mitwirkende aus Deutschland und Frankreich bilden sowohl den obligaten Doppelchor als auch das Doppelorchester. Die Singakademie Ortenau stellt mit den Sängern ihres französischen Partnerchores Choeur St. Guillaume Strasbourg den einen Teil des Doppelchores, den anderen stellen die acht Solosänger. Unterstützt werden sie durch den Kinderchor, die Petits Chanteurs de Strasbourg, die, wie Bach selbst es zuweilen praktiziert hat, zweigeteilt von der Empore aus die Dramatik des Geschehens unterstreichen. Das Doppelorchester setzt sich aus arrivierten Musikern der Musiciens sans Frontières Alsace-Ortenau zusammen, die ebenfalls Erfahrung in der Zusammenarbeit mit der Singakademie haben.
Renommierte Solisten
Fütterer gelang es, auch renommierte Preisträger zu gewinnen wie Silvia Hauer (Alt), Wolfgang Klose (Tenor – Evangelist), Clemens Morgenthaler (Bassbariton), Almut Hellwig (Sopran) und Richard Logiewa (Bassbariton – Christusworte); ferner Alexandra Gühring (Sopran), Martina Seifert (Alt) und Akeo Hasejawa (Tenor). Das ist freilich ohne Mäzenatentum nicht möglich. Die Wucht der Handlung vom Leiden und Sterben Jesu Christi spiegelt sich im Dialog der Chöre. Der Tenor-Evangelist gibt den Erzähler (deutlich und rein: Wolfgang Klose), die Christusworte werden vom Bassbariton zitiert (charaktervoll: Richard Logiewa), Arien und Rezitative der anderen Solisten reflektieren die Handlung als Kommentar. Die Choräle heben die dramatischen Höhepunkte hervor.
Wer immer sich dieser Matthäuspassion annimmt, stemmt sich gegen Dirigentenschwergewichte wie Wilhelm Furtwängler, Karl Richter, Nikolaus Harnoncourt und Georg Solti, um nur einige zu nennen, und nicht immer gehen die Auffassungen konform. Zu Bachs Zeiten üblich war eine langsame und gedehnte Spielweise, und die Matthäuspassion, ohnehin als Teil eines liturgischen Ritus konzipiert, konnte so leicht vier bis fünf Stunden dauern, zumal dazwischen noch die Predigt von etwa einer Stunde lag.
So lange brauchten die Besucher in der voll besetzten Klosterkirche allerdings nicht standzuhalten, Fütterer hatte da seine ganz eigene, sehr fortschrittliche und zeitgemäße Vorstellung. Er betont den Eingangschor mit einer mitreißenden Dynamik, gewaltig und ergreifend. Er lässt die Chöre einen spannungsgeladenen Dialog führen, ohne Verzögerungen, mit äußerst rasanten Tempi, und die Rezitative folgen einem exakten Timing. Und schließlich der Schlusschor: Einfach überwältigend!